1 Monat GRATIS testen, danach für nur 7,50€/Monat!
Home » Menschen » Designer »

Im Gespräch mit Artefakt

Im Gespräch mit
Artefakt

Wie entsteht eine neue Marke im hart umkämpften Sanitärmarkt? Richter und Frenzel engagierte für die Entwicklung des Produktportfolios das Designstudio Artefakt. Achim Pohl und Martin Schickl zeichnen für die Strategie und das Design von ‚For‘ verantwortlich.

Interview Oliver Herwig

‚For‘ hat verschiedene Produktlinien, die untereinander kompatibel sind. Was reizte Sie an diesem Projekt?

Achim Pohl: Das Außergewöhnliche war, eine Marke neu zu gestalten. Und das haben wir zusammen mit dem ‚For‘-Kompetenzteam geschafft. Dazu braucht man eine Philosophie. Sonst entstehen viele tolle Produkte, die am Ende aber niemanden ansprechen.

Martin Schickl: Es ging um Produkte, die zur Identität des Unternehmens passen und die Lebenswelt von Menschen perfekt ergänzen.

Das sagt auch der Claim: „Ein Bad nach meinem Gefühl.“ Wie stellten Sie das mit ‚For‘ an?

Martin Schickl: Wir wollen keine elitäre Marke schaffen, sondern eine, die im Alltag funktioniert und in verschiedenen Preisbereichen überzeugende Lösungen bietet, auch ästhetisch.

Nun ist die Ausgangslage besonders: Richter und Frenzel ist stark im Vertrieb und beauftragte Designer, die Produktstrategie für eine neue Marke zu schaffen. Wie kam es dazu?

Martin Schickl: Wir arbeiten schon länger mit Richter und Frenzel zusammen und hatten gute Kontakte. Durch diese langjährige Vertrauensbasis wurden wir direkt angefragt.

Achim Pohl: Diese Zusammenarbeit war eine Herausforderung, bot aber auch eine riesige Chance, tradierte Vertriebs- und Fertigungsstrukturen hinter uns zu lassen. Wir dagegen hatten alle Freiheiten, uns die idealen Industriepartner auszusuchen und die modernsten Fertigungsverfahren zu nutzen.

Artefakt
Zeichnung: Artefakt

Und es gab keine Kehrseite dieser Freiheit?

Achim Pohl: Unser Auftraggeber ist stark im Wissen um Vertrieb und Vermarktung, aber unsere Aufgabe war es, die Entwicklung mit unserer spezifischen Erfahrung um Konstruktion und Fertigung zu bereichern. Wir durften weit vordenken und das ‚For‘-Kompetenzteam hat von der Ideenfindung bis zur Vermarktung eng mit Artefakt zusammengearbeitet.

Ist das generell ein Modell für die Zukunft: Gestalter wie Artefakt picken sich die besten Hersteller heraus?

Achim Pohl: Die Welt verändert sich. Es gibt ja nicht nur in Deutschland gute Hersteller, sondern in ganz Europa. Damit verändert sich die Produktwelt zum Positiven, weil wir immer die neuesten Technologien nutzen.

Martin Schickl: Wir hatten beispielsweise im Bereich Keramikentwicklung einen Partner, der bei der automatisierten Fertigung technologisch ganz weit vorne ist. Er kann jederzeit die extrem dünne Keramik in hohen, aber eben auch in niedrigen Stückzahlen fertigen. Bei der gebotenen Produktvielfalt ist dies ein bedeutender Vorteil.

Das öffnet der Individualisierung Tür und Tor.

Achim Pohl: Ich will mich hier nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber natürlich ist das ein Schritt in Richtung Individualisierung. Früher standen in Keramikwerken riesige Maschinen, die mit Riesenaufwand auf Riesenstückzahlen vorbereitet wurden. Heute lassen sich auch kleinere Chargen flexibel brennen.

Heißt es in Zukunft statt „Made in Germany“ nur noch „Designed in Germany“?

Martin Schickl: Das ist doch bereits gang und gäbe – die Modebranche lebt seit Jahren davon, mit Herstellern weltweit zu arbeiten.

Achim Pohl: Für ‚For‘ haben wir wiederum im Sinne der Nachhaltigkeit entschieden, nur mit den besten Herstellern europaweit zu kooperieren. Das heißt also „Design made in Germany and produced in Europe“.

For
Foto: FOR/ Richter + Frenzel

Kommen wir zu ‚Ovidis‘. Wer die Sanitärwelt kennt, kann kaum glauben, dass da noch eine Lücke bestand. Wie sind Sie damit umgegangen?

Achim Pohl: Das war nicht zwangsläufig eine Frage der Lücke. Für uns ist Gestaltung ein kultureller Ausdruck der Zeit, in der wir leben. Da ist eine Armatur nichts anderes als ein Sofa, wenn auch vielleicht ein technisch orientierter Gegenstand.

Und der Trend zur Reduktion … ?

Achim Pohl: … wird sich drehen. Wir stehen an einem Punkt, an dem Bäder fast nur noch wie barrierefreie Räume wirken. Darüber darf die Ästhetik nicht verloren gehen. Es handelt sich doch um einen ganz besonderen Raum, ein Refugium, einen Rückzugsort.

Martin Schickl: Vielleicht setzen wir sogar bewusst wieder auf Duschwannen, weil Gestaltung mit Sichtbarkeit zu tun hat. Wir wollen Sinnlichkeit. Und da ist die Balance zwischen Emotion und Funktion ganz wichtig. Das soll nicht heißen, dass ein emotionales Produkt nicht funktional sein darf. Wir wollen unser Lebensumfeld klar und sichtbar gestalten – und das in einer wahrnehmbaren Differenz zu vielen anderen Linien im Markt.

Ein gutes Stichwort: Wie unterscheiden sich die einzelnen Produktlinien bei ‚For‘?

For
‚Leano‘ Foto: FOR/ Richter + Frenzel

Martin Schickl: Wir haben perspektivisch fünf Serien. Zwei wurden im Herbst gelauncht, im Frühjahr kam eine weitere hinzu, dann wird der Kontrast noch sichtbarer.

Es geht nicht nur um Preissegmente, sondern um unterschiedliche Zielgruppen und Stoßrichtungen bei der Gestaltung.

Mit ‚Ovidis‘ haben wir ein exklusives Produkt, das mit seiner Emotionalität ein eher feminines Design transportiert. ‚Leano‘ ist dagegen sachlicher und zurückhaltender. Am Ende, das ist bekannt, entscheidet der Kunde mit dem Bauch. Gesagt wird viel, gekauft wird anders.

 

Weitere Designer im Porträt


Foto: Alex Schwander

Achim Pohl (Jg. 1960, rechts im Bild) studierte Architektur und Industriedesign an der Hochschule Darmstadt. 1989 gründete er zusammen mit seinem Studienfreund Tomas Fiegl das Designbüro Artefakt Product Design. Martin Schickl (Jg. 1971) stieß 2003 zum 15-köpfigen Team und ist seit 2010 als Design Direktor verantwortlich für den Bereich Architecture.

Webseite des Büros

Neueste Beiträge
Fachwissen für Innenarchitekten

Titelbild md S1
Ausgabe
S1.2024 kaufen
EINZELHEFT
ABO

Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de